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„War doch gar nicht so schlimm“ – Das Präventionsparadox

Oftmals werden präventive Maßnahmen im Nachhinein von Menschen angezweifelt und ihre Sinnhaftigkeit infrage gestellt.

Forscher sprechen dabei vom Präventionsparadox.


Derzeit zeigt sich dieses Paradox in vielen Ländern der Welt am Beispiel der Coronapandemie. So auch in Deutschland. Bisher ist Deutschland vergleichsweise glimpflich durch die Pandemie gekommen.

Viele Menschen beginnen die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie anzuzweifeln und demonstrieren sogar offen gegen die Einschränkungen.

Dabei wird häufig vergessen, dass die aktuelle Situation erst durch die einschränkenden Maßnahmen der Regierung herbeigeführt werden konnte!

Es wird aufgrund der geringer erscheinenden Gefahr der Schluss gezogen, dass die Bedrohung gar nicht so groß war und demzufolge die Maßnahmen übertrieben sind.

Forscher begründen dieses Verhalten damit, dass die Bedrohung aufgrund der erfolgreichen präventiven Maßnahmen immer abstrakter wird, also gefühlt abnimmt. Das Bild der Gefahr verliert sich allmählich im Bewusstsein der Bevölkerung. Gleichzeitig nimmt das Bewusstsein über die belastenden und „negativen“ Auswirkungen der präventiven Maßnahmen zu. Es kann ein Punkt erreicht werden, an dem die Einschränkungen sich gravierender anfühlen als der Nutzen der präventiven Maßnahmen. Somit nimmt das Vertrauen in die Maßnahmen insgesamt ab.

Durch diese Prozesse erscheinen gut wirkende präventive Maßnahmen rückwirkend betrachtet manchmal übertrieben und unverhältnismäßig.

Im Englischen sagt man passend: „There is no glory in prevention.“

Weitere Beispiele für den Effekt sind z.B. Impfungen oder präventive Untersuchungen.

Wie kann ein Auftreten des Paradoxons verhindert werden? Wir können ein Auftreten des Paradoxons verhindern, indem wir uns regelmäßig auf die potenzielle Gefahr besinnen. Somit bleibt uns die Sinnhaftigkeit und die Notwendigkeit der präventiven Maßnahmen präsent.

Gleichzeitig bewerten wir die einschränkenden Folgen der präventiven Maßnahmen dadurch nicht zu hoch.

Quellen

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